Ethik der Gestaltung

"Gegenstände sind Produkte. Das mit der Hand aus der Erde `Hervor- Geführte´ - das `Producere´.

Mit der Verwandlung der Natur durch die menschliche Hand begann die Evolution der Gegenstände und damit die Geschichte der Gestaltung im engeren Sinne.

Da das der Natur Entnommene dem Bereich der Natur, der Götter an-gehörte, musste es sorgsam behandelt werden. Es war dieses sorg-fältige `Producieren´ - Herstellen und Gestalten -, das das der Natur Entnommene in den Rang des Kostbaren erhob."

"...Hierin liegt ein Ursprung aller Gestaltungsethik, da das Schonen des Gegenstandes - das ist seine Schönheit - als Ausgleich für die Verletzung des Naturstoffs durch seine Gestaltung aufgefasst wurde.

Die schöne und gute Gestalt war Ausdruck der Achtung vor der Natur..."

Im Gestalten zeigt sich das Wesen des Menschen: seine Freiheit, sein Spiel, seine Vernunft und seine Kreativität. Sein Wille zur Selbstbe-stimmung.

Für das Material, in dem seine Gestaltung zum Ausdruck kommt, trägt der Gestalter die Verantwortung, denn das Material ist wertvoller Natur- stoff, der in seine Obhut gelegt ist.

Gestalten erhält seine gesellschaftliche Bedeutung durch Relation wie Funktionalität und Umweltverträglichkeit, wie Schönheit, Qualität und Nützlichkeit. Es ist weit mehr als dem Produkt ein dekoratives Äußer- es zu geben und mehr als pure Ästhetisierung. Jeder Gestalt liegen nicht nur Material, Funktion und technische Besonderheiten zugrun- de, sondern auch symbolische, ökologische, psychologische und kulturelle Bedeutungen. So sind Emotionen, die ein Produkt auslöst, Teil der Produktfunktion.

Aus: Form: Ethik - Ein Brevier für Gestalter von Hajo Eickhoff und Jan Teunen ; Verlag: avedition Gmbh

 

Die Idee

Ich nehme den Jeansknopf von der Treppenstufe im Hausflur, der beim Putzen übersehen wurde, Muschelschalen, die das Meer an den Strand gespült hat, Reste des Fliesenlegers, die er nicht mehr ver- werten kann, den Henkel einer zerbrochenen Tasse.
Freundinnen schenken mir ihren Schmuck, den sie nicht mehr tragen. Dinge, die ihren Nutzen verloren haben, deren Schönheit nicht mehr wahrgenommen wird, die `wertlos´ geworden sind.

Teller mit Goldrand, ein Silberlöffel vom Flohmarkt - wie viele Genera- tionen haben davon wohl schon ihre Suppe gelöffelt?

Ein 50-Pfennigstück, mit dem sich nichts mehr bezahlen lässt, oder ein kubanischer Peso - durch wieviele Hände und auch Länder ist sein Weg wohl gegangen, wie alt ist dieser Kieselstein?

Die alten Fliesen bei einer Badezimmerrenovierung muss ich erst noch `zertrümmern´, neue Kacheln brenne ich im Ofen.

All dieses zu einem harmonischen Ganzen zusammen zu fügen, nicht nur harmonisch in der Farbe, sondern auch in seiner oberflächlichen und seiner inneren Beschaffenheit, macht für mich die Faszination ei- nes Mosaiks aus. Das einzelne Mosaikteilchen steht mit dem Mosaik im Ganzen in gegenseitiger Abhängigheit: es muss sich ins Ganze einfügen und macht doch gleichzeitig die Besonderheit, die Wert- schätzung des Gesamten aus ... und bekommt dadurch selbst eine neue Wertschätzung ... seine alte wird wieder entdeckt!!

Ob nun Organisches( Muschel, Kiesel) oder kulturell Erschaffenes (Münze, Scherbe): jeden dieser Naturstoffe wieder in den Wertekreis- lauf, in einen mit Leben gefüllten Kreislauf zurück zu führen gelingt um so mehr, indem die Mosaike nicht (nur) als Kunstobjekte betrachtet werden, sondern man ihren Nutzen erweitert als Gebrauchsgegen- stände.
So entsprechen sie um so mehr den Werten ethischer Gestaltung ...:-)

 

Die Mosaike

 

 

Ein kleiner Ausflug zur

Ethik der Gestaltung

 

 

Die Idee